rechtsfreier Raum?
... ja, von wegen! "Rechtsfreier Raum" - so ein Quatsch. Ich weiß ja nicht, wo sich die Vertreter dieser These rumtreiben, ich persönlich habe das Netz bislang als Raum der Rechtsunsicherheit und der rechtlichen Stolperfallen kennen gelernt, nicht aber als "rechtsfrei" in dem Sinne, daß sich hier anonyme Halunken austoben dürfen, wie es ihnen gefällt.
Ich glaube folgende Szene stammt aus einem Don-Camillo- oder Pater-Brown-Film: Der Geistliche malt dem Vertreter der Politik auf dessen Wahlplakat einen Schnurrbart und kommt damit durch. Eine Verfehlung, die sich schelmisch im Stile der "Lümmel von der letzten Bank" irgendwo zwischen "mit dem Fußball eine Fensterscheibe zerdeppern" und "dem Lehrer Reißzwecken auf den Stuhl legen" einreiht. Im Film - und vielleicht auch damalsTM in der Realität, ich weiß es nicht. Wie sieht es heute damit aus? Sachbeschädigung, die richtig viel Geld kosten kann und die nicht nur mit einem erhobenen Zeigefinger geahndet wird.
Nun gut, das ist die Realität, aber im Netz muß man schon ein böswilliger Hacker sein, um fremdes Eigentum (Daten?) zu beschädigen, der Punkt, wo es rechtlich bedenklich wird ist hier meistens der, worauf das ganze Netz basiert: Die Kopie.
Neulich hat Netzpolitik seine Leser dazu aufgerufen, doch auch mal 'lustige Schnurrbärte' auf Wahlplakate zu kleben - nein, halt, nicht auf die Plakate selbst, so daß ein Sachschaden entsteht, sondern auf deren Kopien. Was in der Realität niemanden stören würde, wenn man z.B. ein Wahlplakat kopiert und dann im stillen Kämmerlein einen Schnurrbart draufmalt, führt im ach so "rechtsfreien" Netz natürlich sofort dazu, daß sich der Urheber des auf dem Plakat verwendeten Motivs zu Wort meldet. Danach geht es um Nutzungsrechte, Lizenzen, das Urheberrecht und das Wort "Rechtsstreit" steht drohend im Raum.
Wenn man dann Don Camillo ist und nicht irgendein unbekannter Lümmel von der letzten Bank ruft man vielleicht besser einen Anwalt an und fragt den, wie er die Sache beurteilt. Bestenfalls sagt der Urheber irgendwann dann doch "ach, macht, was ihr wollt" und verzichtet auf einen Rechtsstreit. Als Hinterbänkler, der keine Ahnung von der Juristerei hat, radiert man wohl besser den Schnurrbart wieder weg und hofft, daß die Sache damit erledigt ist.
Dafür, daß das Internet alles andere als ein rechtsfreier Raum ist (und wie schnell unbedachtes Handeln hier Folgen haben kann), gibt es inzwischen mehr als genug Beispiele. Don Camillo konnte sich vielleicht davonstehlen, nachdem er das Wahlplakat (real!) beschädigte, hätte er seinen Schabernack virtuell im Netz (und damit öffentlich) betrieben, wäre es wahrscheinlich teuer geworden.
Ich hoffe, das war jetzt nicht zu wirr, aber wenn ich nochmal vom Internet als einem "rechtsfreien Raum" höre, werde ich wohl leicht ärgerlich.
Update: *zürn*
Bild: Da berufe ich mich mal auf den von Udo Vetter angesprochenen § 24 Urheberrechtsgesetz: "Ein selbständiges Werk, das in freier Benutzung des Werkes eines anderen geschaffen worden ist, darf ohne Zustimmung des Urhebers des benutzten Werkes veröffentlicht und verwertet werden." - Bitte nicht verklagen, Danke!
Labels: gesehen, gewesen, Netz, Politikwelt
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