Untiefen und Eisberge
...es war so sicher wie das Amen in der Kirche und nur eine Frage der Zeit: Die kleine Nußschale Piratenpartei gerät momentan in erste Untiefen.
Wie SpOn berichtet habe der "Parteiaktivist Bodo Thiesen vor einigen Jahren in Internetforen Holocaustleugner verteidigt und erklärt, Hitler habe den zweiten Weltkrieg nicht gewollt". Natürlich kocht dieses Thema jetzt nicht nur innerparteilich hoch - und das ist auch gut so. Thiesen, der bereits 2008 von seiner Partei verwarnt wurde, denkt aber offensichtlich gar nicht darin, sich von seinen seltsamen Äußerungen zu distanzieren. Seine Stellungnahme im parteieigenen Wiki und seine Aufforderung, man solle ihn doch bitte verklagen, wenn man der Ansicht wäre, er würde den Holocaust leugnen, wirken eher wie eine alberne unt trotzige Rechtfertigung. Außerdem betont er, daß seine "Ansichten darüber, was in Deutschland tatsächlich geschehen ist, keinen Einfluss" auf seine "politischen Forderungen" haben.
Es ist natürlich grober Quatsch anzunehmen, daß die Meinungen und Ansichten von Parteimitgliedern nichts damit zu tun haben, wie sich eine Partei positioniert. Im Parteiprogramm der Piraten wird man zwar wenig Äußerungen zu irgendwelchen historischen Tatsachen finden, die Partei schreibt sich - wie ich es verstanden habe - jedoch die Meinungsfreiheit groß auf ihre Fahnen. Und hier liegt das Problem: Thiesen schreibt selbst, daß seine "Ansichten über die Deutsche Geschichte" nicht "der allgemeinen Lehrmeinung"entsprächen und fast wirkt es so als bedauere er, den Holocaust nicht leugnen zu dürfen.
Wäre so etwas dann die Art von "Meinungsfreiheit", die von Mitgliedern in die Partei getragen wird, die (vielleicht aus einem gewissen Trotz gegen alles und jeden) irgendwelchen pseudowissenschaftlichen Geschichtklitterungen zum Opfer gefallen sind? Alles zu hinterfragen ist schön und gut, manche Themen sind aber so etwas von 'durch', daß es ganz offensichtlich ist, daß es den 'Hinterfragern' um etwas anderes geht.
Bodo Thiesen wird zugeschrieben, er habe geäußert, er sähe, solange der "der Holocaust als gesetzlich vorgeschriebene Tatsache existiert" "keine Möglichkeit, diesen neutral zu beschreiben" und verglich dies dann mit der "falschen Doktrin", daß die Erde eine Scheibe sei - die sich letztendlich auch als falsch herausgestellt habe. Wenn man schon so einen hanebüchenen Vergleich bemühen muß, dann m.E. jedoch genau andersrum: Wer heutzutage noch bestimmte historische Tatsachen verneint, der behauptet wahrscheinlich auch, die Erde sei eine Scheibe - und dies wahrscheinlich nicht aus der Angst, über den Rand zu segeln sondern aus ganz anderen perfiden Gründen.
Die Piratenpartei schippert insbesondere dadurch, daß Parteimitglieder wie Bodo Thiesen auch noch auf irgendwelche Posten gewählt werden, in Untiefen und muß sich nun überlegen, wie sie mit der berechtigten Kritik umgeht. Seltsames Rechtfertigungsgeschwafel und Abwiegelungen, wie man sie momentan teils von Parteimitgliedern und -befürwortern hört, steuern die Piraten nur auf einen Eisberg zu.
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