27 Mai 2014

Stadtratswahl Trier 2014

Ich hab mal für jede Partei die Ortsteile Triers je nach Prozentpunkten eingefärbt. Das Wahlergebnis war nicht sonderlich überraschend, die Piraten und die AfD haben den Einzug in den Stadtrat geschafft, die FDP hat viele Wähler verloren, die NPD ist nicht mehr im Stadtrat vertreten.
Wie man erkennen kann, haben die Piraten ihre Wähler insbesondere im Stadtzentrum und im Westen, wo auch die Grünen und die Linken stärker sind als in den Außenbezirken und am Stadtrand. Auffällig ist, dass dieser Unterschied bei den Piraten noch stärker ausgeprägt ist als bei den anderen Parteien. In dezentralen Stadtteilen, in denen eher die alten Volksparteien gewählt werden, können teils Grüne oder Linke vielleicht noch punkten, für die Piraten sieht es hingegen insbesondere in den eher konservativen Stadtteilen im Südosten schlecht aus. Für eine neue, noch nicht etablierte Partei mit einem vielleicht eher abschreckenden Namen und einem eher jugendlichen Image keine große Überraschung.
Die beiden großen Parteien CDU und SPD sind insbesondere in ihren dezentraleren Hochburgen stark, die drei kleinen links/linksliberalen Parteien sorgen im Zentrum für weniger Wähler, die FDP verdankt ihre zwei Ratssitze den Wählern zwischen Mitte und den Höhenstadtteilen im Osten der Stadt.
Die Freien Wähler sind insbesondere in Euren und Pfalzel stark, CDU und SPD lassen hier sichtlich Prozentpunkte. Die Hälfte ihrer Ratssitze verdanken die Freien Wähler anscheinend ihrer Stärke in einzelnen Stadtteilen.
Im Gegensatz zu den einzeln lokal stark vertretenen Freien Wählern kann die AfD über das ganze Stadtgebiet verteilt ähnliche Prozentpunkte, mit leichten Abstrichen im Zentrum, auf sich vereinen. Im Gegensatz zu den Piraten, die offensichtlich, zumindest am Wohnort abgelesen, ähnliche Wählerkreise ansprechen wie die Grünen und die Linken, verdankt die AfD ihre zwei Sitze im Stadtrat einer Basis von um die 4%, die sich nur schlecht verorten lässt. Ohne die Wählerwanderungen für Trier zu kennen kann man jedoch vermuten, dass sich die AfD-Wähler aus mehreren Lagern rekrutieren, vielleicht noch am ehesten aus enttäuschten Wählern von FDP, Freien Wählern und NPD, die alle trotz höherer Wahlbeteiligung und mehr Stimmberechtigten Stimmen verloren haben, Wechselwählern von CDU und SPD und evtl. aus den Nichtwählern.

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10 Mai 2010

Landtagswahl und Piratenpartei

Die Piratenpartei hat sich wohl von dieser Landtagswahl etwas mehr erhofft als die 1,5%, die es jetzt geworden sind. Die Hoffnungen, vielleicht die 5%-Hürde zu überspringen waren ganz klar naiv und es besteht m.E. für die Piraten jetzt kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken oder enttäuscht zu sein. Herr Sickendiek von fixmbr.de* sieht die Piraten schon nach ihrem Hype um Zensursula und Co. in der Abwärtsspirale angekommen, die TAZ sieht die "Flaute" darin begründet, daß die größeren Parteien den Piraten das Netzthema abgraben, andere sehen das Problem der Piraten in dem Namen und verlangen eine Umbenennung.

Ja aber moment mal. Natürlich besteht bei kleinen Parteien immer die Gefahr der Zersplitterung oder die der völligen Stagnation, das mag passieren, warten wir's ab. Interessant finde ich jedenfalls, daß die Piratenpartei bei den Jung- und Erstwähler eigentlich hervorragend abschneidet - und sollte diese Partei ihre Wählerschichten auch sonst finden? Oma und Opa werden nach den Jahrzehnten in der CDU-Stammwählerschaft wohl kaum plötzlich ihr Kreuz bei der Partei mit dem komischen Namen machen. Und nein, da hilft auch keine Umbenennung, dies würde der "Marke" und ihrem "Coolnessfaktor" in ihrer "normalen" Wählergruppe vielleicht sogar schaden.

Man kann von der Piratenpartei halten was man will, ich sehe vor meinem geistigen Auge jedenfalls immer einen Wähler an der Urne, der mit den etablierten Parteien - seien es die CDU, SPD oder Grünen, die in Regierungsverantwortung auch schon die ein oder andere Kröte zu schlucken hatten - einfach nichts anfangen kann. Hierfür spricht nicht nur das schlechte Abschneiden (das Zerbröseln) der alten Volksparteien, hierfür sprechen m.E. auch die Ergebnisse der Erst- und Zweitstimmen: Obwohl die Kandidaten der Piraten doch wohl in keinem Wahlkreis überhaupt eine Chance hatten, verweigerten viele Piratenwähler den Direktkandidaten von CDU und SPD ihre Stimme.

Der Trend scheint ja in Richtung mehr Parteienvielfalt bzw. Nichtwählen zu gehen, das darf einen als rot-grün dann ärgern, wenn in der Endsumme die entsprechenden Stimmen fehlen, aber man sollte sich auch überlegen, warum das so ist. Wenn die Piraten weiterhin bei den Enttäuschten und jungen Wählern punkten, die eine irgendwie lebensnahere Alternative suchen, vielleicht sieht man sie demnächst noch hier und da auf kommunaler Ebene - an schnelle Erfolge in Bund oder Ländern zu glauben ist da m.E. naiv. An der 5%-Hürde wird sich so schnell jedenfalls nichts ändern - und schielt man auf die Populisten und/oder die Rechten, ist dies vielleicht sogar zu begrüßen.

Was bleibt nun nach dieser Wahl noch festzuhalten? Die alten Volksparteien verlieren beim Wähler an Vertrauen, die Wähler entscheiden sich (ob aus Protest oder warum auch immer) in einem Spektrum aus fünf Parteien oder bleiben an Wahlsonntagen gleich ganz zu Hause. Ich glaube nicht, daß sich dieser Trend noch zu Gunsten der großen, alten Parteien umdrehen lässt und vielleicht ist dann auch mal Platz für eine sechste Partei - wenn auch nicht gleich heute oder morgen.

Zur Erklärung: Ich bin weder ein großer Freund noch ein Wähler der Piratenpartei. Man sollte sie aber vielleicht weder abschreiben noch überbewerten. Und wenn es nur so wäre, daß sich die Wähler aus Enttäuschung weg von den großen, hin zu den kleinen Parteien wenden - nein, es ist mal wieder erschreckend, wie gering die Wahlbeteiligung ausgefallen ist: Mit Bürgern, die in Wahlen keinen Sinn mehr erkennen, ist nur ganz schlecht Demokratie zu machen.

(* nö, da setz ich keinen Link)

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26 September 2009

Wahlkampfende

...wie die Posts der letzten Zeit hier zeigen bin ich auch keiner, den die Bundestagswahl völlig kalt lässt. Trotzdem muß auch irgendwann Schluß sein mit der Hysterie und ein wenig Ruhe einkehren. Die Grünen beantworten bei ihrem "dreitagewach" zwar noch übermotiviert Fragen für Leute, die keine Lust haben, Parteiprogramme zu lesen, die Piraten hoffen im Netz auf ein möglichst gutes Ergebnis oder auf eine Überraschung und bei Raabs kleiner Bundestagsumfrage zeigte sich m.E., daß sich bei der Wahl morgen evtl. auch die Frustrierten der großen Koalition zu Wort melden werden, aber: Irgendwann muß auch Schluß sein mit der Wahlhysterie.
Zudem wird es hier so wie drüben beim Guardian of the Blind keine Wahlempfehlung geben außer dem Hinweis, bitteschön überhaupt wählen zu gehen, wenn dies nicht schon geschehen ist.
Deswegen gibt es hier heute nur ein beruhigendes Bild von einem etwas mitgenommenen Schmetterling, aufgenommen im Jardin des Papillons in Grevenmacher. Der Wahlkampf kann jetzt abgehakt werden. Spannung verspricht noch die Auslosung des DFB-Pokal-Achtelfinales. Und sowohl da, als auch beim Wahlergebnis heißt es abwarten und der Dinge harren, die da kommen mögen.
Ich wünsche meinen geneigten Lesern eine schöne Wahl und einen geruhsamen Sonntag.

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23 September 2009

10 Gründe? Naja.

Die Grünen RLP haben eben in einem Blogpost ein paar Gründe veröffentlicht, warum man am Sonntag nicht die Piraten, sondern Grün wählen soll. Ich mag diesen Negativwahlkampf nicht besonders, da ich der Meinung bin, daß sich so niemand von seiner ursprünglichen Wahlabsicht abbringen lässt. So überzeugt man keine Wähler, man stößt ihnen höchstens vor den Kopf. Drüben bei fidepus erschien dann auch gleich eine Antwort auf die "10 Gründe", die ich so aber auch nicht unterschreiben kann. Hier also meine bescheidene Meinung zu den "10 Gründen", die man gerne synoptisch zu der Antwort von fidepus lesen darf:
1. Die Piraten werden nicht in den Bundestag einziehen. Egal ob sie 1, 2 oder 3 Prozent holen, die Stimme ist verschenkt.
Dieses Argument hört man ständig und ich lasse es nicht gelten. Ebenso, wie eine Zweitstimme für die Piraten "verschenkt" wäre, ist auch eine Erststimme für den hiesigen grünen Kandidaten verschenkt, da dieser keine Chance hat, direkt gewählt zu werden. Bei der Bundestagswahl 1980 hatten die Grünen 1,5% - alles verschenkte Stimmen.
2. Alle wichtigen Forderungen der Piraten stehen im Programm der GRÜNEN. Sie werden von uns im Bundestag vertreten!
Ich sehe das ähnlich, fidepus führt hier die Zensursula-Abstimmung heran. Eine Enthaltung ist jedoch, wenn auch keine starke Opposition, trotzdem noch lange keine Zustimmung.
3. Die GRÜNEN haben zu allen Politikthemen Konzepte. Bei den Piraten aber findet sich zur sozialen Gerechtigkeit kein Wort!
Ja, die Piraten sind eine junge Partei und decken wichtige Themen nicht ab. Ich finde das insbesondere vor den jüngsten Wertediskussionen sehr Schade. Die Piraten gibt es auch nicht erst seit gestern, eine Positionierung tut Not.
4. DIE GRÜNEN haben als einzig relevante Partei Netzpolitik und Neue Medien immer wieder auf die politische Agenda gesetzt.
Wenn fidepus kontert, die Grünen haben für Netzsperren gestimmt, kann ich leider nur (siehe 2) widersprechen.
5. Die Piraten haben Probleme mit der Abgrenzung zum rechten Rand.
Selbst fidepus meint, da stände "noch Arbeit an". Ich meine, die Piraten haben ein Positionierungs- und Werteproblem und müssen deshalb aufpassen, nicht unterwandert zu werden. Auch wenn es sicherlich ein steiniger Weg ist, die Piraten müssen sich positionieren, da sie eine Partei und keine bloße Bürgerinitiative mit Kernthema sein wollen.
6. Die Piraten hatten in Thüringen zur Wahl der GRÜNEN aufgerufen.
Das halte ich auch nicht für falsch. Wenn man natürlich taktisch wählt und andere Stimmen als verschenkt ansieht müssten Grüne und SPD bei Erst- und Zweitstimmen immer dazu aufrufen, den bevorzugten Koalitionspartner zu wählen, oder?
7. Der Pirat Christian Engström ist im Europäischen Parlament der Fraktionsgruppe der GRÜNEN beigetreten.
Ja, es gibt auch im Europaparlament Fraktionen. So what?
8. Die GRÜNEN setzen sich in Deutschland seit Jahren gegen Überwachungswahn, Online-Durchsuchungen, Rasterfahnung ein.
Ottokatalog. Ja, es hätte ohne grün noch schlimmer kommen können, aber diese Kröte wurde geschluckt und wir haben dabei angeekelt zugesehen. Natürlich haben die Grünen nun ein Problem, dem Wähler glaubhaft zu machen, daß sie diese 'Maßnahmen' in Regierungsverantwortung wieder rückgängig machen werden, wollen oder können.
9. Wir erarbeiten schon heute offen und transparent unsere Programme.
Dies habe ich z.B. nie als Erfindung der Piraten gesehen. Die Piraten profitieren davon natürlich (noch?) stärker, da sie kleiner sind als die Grünen. Je mehr Mitglieder desto mehr Meinungen desto schwerer findet man einen Kompromiß. So what?
10. Jede Stimme für die Piraten stärkt Schäuble/Zensursula! Darum gilt: Nachdenken! Und Zweitstimme GRÜN!
Wirklich "
an den Haaren herbei gezogen", wie fidepus es kommentiert, ist diese Ansicht natürlich nicht, wenn man ein Vertreter der "verschenkte Stimme"-Seite ist. Schäuble und Zensursula werden jedoch hauptsächlich durch die Stimmen für die CDU gestärkt. Vielleicht sollte man deshalb besser dort ansetzen und den Wähler überzeugen, daß die Politik der CDU seine Interessen schlecht oder gar nicht vertritt.
Beim besten Willen liebe RLP-Grüne, lieber Felix Schmitt, aber dieser Blogpost ist für die Tonne. Ist es die Angst, daß die Piraten den Grünen nötige Stimmen abgraben? Ist es die Einsicht, daß sich im Konservativen Lager eh nichts ändert und Opa, der vorgestern Zentrum und gestern Strauß gewählt hat, am Sonntag wieder sein Kreuz bei der CDU macht? Resignation?
Vielleicht solltet Ihr Euch mal Gedanken machen warum Ihr, wenn Ihr schon Opa nicht zu einem grünen Kreuz überreden könnt, dann auch noch Wähler an der Seite verliert, deren Themen Ihr eigentlich abdeckt. Es geht um Überzeugungsarbeit und Glaubwürdigkeit und ja, teilweise (leider) auch um ein innerparteiliches "an einem Strang ziehen". Eure "10 Gründe" tragen dazu nicht bei.

(Zur weiteren Lektüre in Sachen Piraten empfehle ich dem geneigten Leser den Spiegelfechter und die Überlegungen von Felix Neumann)

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06 Juli 2009

Untiefen und Eisberge

...es war so sicher wie das Amen in der Kirche und nur eine Frage der Zeit: Die kleine Nußschale Piratenpartei gerät momentan in erste Untiefen.
Wie SpOn berichtet habe der "Parteiaktivist Bodo Thiesen vor einigen Jahren in Internetforen Holocaustleugner verteidigt und erklärt, Hitler habe den zweiten Weltkrieg nicht gewollt". Natürlich kocht dieses Thema jetzt nicht nur innerparteilich hoch - und das ist auch gut so. Thiesen, der bereits 2008 von seiner Partei verwarnt wurde, denkt aber offensichtlich gar nicht darin, sich von seinen seltsamen Äußerungen zu distanzieren. Seine Stellungnahme im parteieigenen Wiki und seine Aufforderung, man solle ihn doch bitte verklagen, wenn man der Ansicht wäre, er würde den Holocaust leugnen, wirken eher wie eine alberne unt trotzige Rechtfertigung. Außerdem betont er, daß seine "Ansichten darüber, was in Deutschland tatsächlich geschehen ist, keinen Einfluss" auf seine "politischen Forderungen" haben.
Es ist natürlich grober Quatsch anzunehmen, daß die Meinungen und Ansichten von Parteimitgliedern nichts damit zu tun haben, wie sich eine Partei positioniert. Im Parteiprogramm der Piraten wird man zwar wenig Äußerungen zu irgendwelchen historischen Tatsachen finden, die Partei schreibt sich - wie ich es verstanden habe - jedoch die Meinungsfreiheit groß auf ihre Fahnen. Und hier liegt das Problem: Thiesen schreibt selbst, daß seine "Ansichten über die Deutsche Geschichte" nicht "der allgemeinen Lehrmeinung"entsprächen und fast wirkt es so als bedauere er, den Holocaust nicht leugnen zu dürfen.
Wäre so etwas dann die Art von "Meinungsfreiheit", die von Mitgliedern in die Partei getragen wird, die (vielleicht aus einem gewissen Trotz gegen alles und jeden) irgendwelchen pseudowissenschaftlichen Geschichtklitterungen zum Opfer gefallen sind? Alles zu hinterfragen ist schön und gut, manche Themen sind aber so etwas von 'durch', daß es ganz offensichtlich ist, daß es den 'Hinterfragern' um etwas anderes geht.
Bodo Thiesen wird zugeschrieben, er habe geäußert, er sähe, solange der "der Holocaust als gesetzlich vorgeschriebene Tatsache existiert" "keine Möglichkeit, diesen neutral zu beschreiben" und verglich dies dann mit der "falschen Doktrin", daß die Erde eine Scheibe sei - die sich letztendlich auch als falsch herausgestellt habe. Wenn man schon so einen hanebüchenen Vergleich bemühen muß, dann m.E. jedoch genau andersrum: Wer heutzutage noch bestimmte historische Tatsachen verneint, der behauptet wahrscheinlich auch, die Erde sei eine Scheibe - und dies wahrscheinlich nicht aus der Angst, über den Rand zu segeln sondern aus ganz anderen perfiden Gründen.
Die Piratenpartei schippert insbesondere dadurch, daß Parteimitglieder wie Bodo Thiesen auch noch auf irgendwelche Posten gewählt werden, in Untiefen und muß sich nun überlegen, wie sie mit der berechtigten Kritik umgeht. Seltsames Rechtfertigungsgeschwafel und Abwiegelungen, wie man sie momentan teils von Parteimitgliedern und -befürwortern hört, steuern die Piraten nur auf einen Eisberg zu.

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